Obwohl es die Atelier-Spieleserie von Koei Tecmo und Gust schon seit mehr als 25 Jahren gibt, ist sie der breiten Masse kaum geläufig. Moderne Ableger wie die Atelier Ryza-Titel halfen jedoch dabei, die Welt der Alchemie-Abenteuer mehr Spielern denn je zugänglich zu machen. Falls ihr zu diesen neugewonnenen Fans dazuzählt und euch nun dafür interessiert, wie die Reihe damals ihren Anfang nahm, dann habt ihr Glück. Mit Atelier Marie Remake: The Alchemist of Salburg wurde diesen Sommer nämlich eine Neuauflage des allerersten Serienteils veröffentlicht. Wir erzählen euch, was ihr darüber wissen müsst.
Manche Events werden von Artworks begleitet, was liebevoll gemacht ist
© Koei Tecmo Games Co., Ltd.
Erst einmal sei hervorgehoben, dass Koei Tecmo den Ursprung der Atelier-Reihe hiermit erstmals im Westen anbietet. Das Original ist damals nämlich typischerweise nur in Japan herausgekommen. Entsprechend ist auch die englische Lokalisierung neu und über eine (ausschließlich japanische) Vertonung der Charaktere darf man sich nun ebenfalls freuen. Es ist aber erneut zu bedauern, dass Koei Tecmo selbst bei einem kleinen Abenteuer wie diesem nicht gewillt ist, weitere Sprachoptionen anzubieten. Das wäre nun wirklich keine hohe Alchemie gewesen, auch wenn das Abenteuer in Englisch gut verständlich ist.
Ausgangspunkt der Geschichte ist Salburg, wo eine berühmte Akademie für Alchemie steht. Hier lebt und lernt Marlone, oder auch Marie genannt, die Hauptfigur des Spiels. Die Alchemistin in spe ist berüchtigt für ihre schlechten akademischen Leistungen und stand schon kurz vorm Rausschmiss, da wurde ihr ein Atelier zur Verfügung gestellt und ein ganz besonderer Auftrag gegeben. Sollte sie es innerhalb der nächsten fünf Jahre schaffen, ein außergewöhnliches Item herzustellen, dann hat sie bestanden und darf sich Alchemistin nennen.
Marie aber fehlt es an Wissen, an Zutaten, an Equipment und an Geld. Einfach irgendetwas in den Kessel zu werfen, der den Großteil ihres oftmals unaufgeräumten Atelierzimmers einnimmt, damit ist es nicht getan. Und so begebt ihr euch als Marie auf allerlei Abenteuer. In Salburg lernt ihr ein paar nette Leute kennen, die euch bei der Erkundung naheliegender Orte begleiten. Hier sammelt ihr Zutaten, bekämpft Monster, um stärker zu werden, und erfüllt so die ein oder andere Aufgabe der Stadtbewohner, was euch Taler für die Atelierkasse einbringt.
Ein Schnellreise-Menü hilft euch, falls ihr nicht zu Fuß durch Salburg wollt
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Dabei müsst ihr stets im Hinterkopf behalten, dass eure Aktionen die Tage des In-Spiel-Kalenders verstreichen lassen. Zeit wird also zu eurer wichtigsten Ressource, wenn ihr auf Deadlines achten müsst und selbst das Betreten des Ateliers einen Tag verbraucht. Zutaten sammeln, Gegner verhauen, Items herstellen, all das kostet euch Zeit in der Spielwelt – teilweise mehrere Wochen. Basierend auf euren Entscheidungen werden unterschiedliche Ereignisse ausgelöst, die schlussendlich zu einem von mehreren Spielenden führen.
Dieses System schien zuerst ziemlich einschüchternd, aber wie sagt man so schön? Wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Schnell machte sich Erleichterung breit, als ich merkte, dass die Deadlines recht großzügig ausfallen und die für Aktionen benötigte Zeit überschaubar ist. Ein wenig cleveres Zeitmanagement ist vorausgesetzt, wenn ihr effizient spielen wollt, aber auch das ist kein Muss. Das Spiel bietet euch ausreichend Möglichkeiten, um Fortschritt zu machen. Wen das dennoch stresst, der kann das Spiel im Unlimited Mode beginnen, ganz ohne ein endgültiges Zeitlimit.
Auch wenn Kämpfe ein integraler Bestandteil eines Rollenspiels sein mögen, erschienen sie mir in diesem Spiel eher wie ein notwendiges Übel und etwas aus der Zeit gefallen. Ihr wählt zwischen Standardangriff, Spezialangriff oder Item und versucht die KP der Gegner auf 0 zu bringen, bevor sie es euch gleichtun können. Jede Figur hat einen Geschwindigkeitswert, welcher die Zugreihenfolge bestimmt, komplexer als das wird es aber nicht wirklich. 1997 war das vielleicht in Ordnung, 2023 wird man davon allerdings eher gelangweilt.
Abseits von den putzigen Animationen sind Kämpfe ziemlich unspektakulär und dröge
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Das gilt insbesondere dann, wenn man in einer Phase des Gameplay-Loops angekommen ist, wo man seine Party etwas leveln muss, um mit stärkeren Gegnern mithalten zu können. Das artet in Grinding aus und ist wenig unterhaltsam. Dank neuer Quality-of-Life-Features kann der Prozess in der Neuauflage aber immerhin beschleunigt sowie automatisiert werden. Selbst das Sammeln von Zutaten kann automatisch von Hand gehen, ohne wirklich erkunden zu müssen. Das hat dann natürlich nicht mehr viel mit spielen zu tun, ist aber eine willkommende Entlastung.
Nun wäre es kein Atelier-Spiel, hätte es nicht das typische Synthese-System. Habt ihr die richtigen Materialien, könnt ihr allerhand Items herstellen – oder zusammenbrauen, immerhin benutzt ihr einen Kessel. Vielleicht war es schon ersichtlich, aber dadurch, dass es sich um den ersten Serienteil handelt, fällt die Mechanik hier noch extrem simpel aus. Es ist so einfach wie das Endprodukt aus einem Menü auszuwählen, den Vorgang per Knopfdruck zu bestätigen und das war's. Ehrlich gesagt habe ich sogar Gefallen daran gefunden, dass es so unkompliziert funktioniert.
Für das Remake haben sich die Macher ein paar Minispiele einfallen lassen, welche den Spielfluss auflockern sollen. Stellt ihr Käse her, kann dieser von Mäusen stibitzt werden. Ähnliches Spiel bei geangelten Fischen, wobei hier Bären die Übeltäter sind. In beiden Situationen müsst ihr Marie durch einen Irrgarten lotsen und euren Besitz zurückholen. Daneben gibt es noch weitere solcher zufälligen Events, mein Liebling darunter ist aber die Begegnung mit Goldipuni, dem Punipuni-König. Hier verkloppt ihr die putzigen Schleimgegner, um einen Highscore aufzustellen.
Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Die Synthese klappt hier kinderleicht.
© Koei Tecmo Games Co., Ltd.
Atelier Marie Remake: The Alchemist of Salburg wurde zwar von Grund auf neu entwickelt, ist im Kern aber immer noch das gleiche Spiel wie auf der ersten PlayStation. Die visuelle Gestaltung orientiert sich ebenfalls am Original und kommt in einem niedlichen Chibi-Look daher, dazu ein starker Depth-of-Field-Effekt in den Diorama-ähnlichen Umgebungen. Optisch erinnert das an andere aktuelle Remakes klassischer 2D-Spiele wie Zelda: Link's Awakening oder Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle. Der Stil steht dem Spiel definitiv gut.
Unterm Strich lässt sich sagen, dass Koei Tecmo und Gust einige sinnvolle Verbesserungen und neue Inhalte eingebaut sowie das Spiel gestalterisch liebevoll in die moderne Zeit herübergebracht haben. Dennoch habe ich meine Zeit mit dem Spiel nicht so sehr genossen wie erhofft, was vor allem dem schmerzend simplen Kampfsystem verschuldet ist. Hin und wieder machte sich auch ein Gefühl von Ratlosigkeit breit, weil es nicht immer klar ist, wie man am besten Fortschritt erzielen kann oder „wo es weitergeht“, auch wenn das Spiel gelegentlich Stützen bietet.
Nichtsdestotrotz möchte ich hervorheben, dass sich Atelier Marie Remake: The Alchemist of Salburg prima als Einstiegspunkt ins Atelier-Franchise eignet. Schon 1997 hatte man eine konkrete Vorstellung davon, was die Alchemie-Abenteuer auszeichnen soll und das kann man hier in seiner simpelsten Form (nach)erleben. Noch dazu ist der Titel mit seiner vergleichsweise kurzen Länge gut verdaulich und so möglicherweise der richtige Appetizer für alle, die sich nicht an moderne Serienteile trauen, da diese schonmal gerne ihre 30 bis 50 Stunden abverlangen. Zumindest ich habe nun Lust auf mehr von Atelier.